Viele Themen in der Natur bedürfen eines tieferen Einblickes, damit man sich deren Bedeutung bewusst wird. So ein Thema sind auch die Nachtfalter. Für die meisten Menschen sind Nachtfalter ein paar verwirrte, nervöse Insekten am nächtlich erleuchteten Fenster – eher etwas Lästiges.
Aus diesem Grund haben Maarten und ich beschlossen, den Nachtfaltern einen Blogbeitrag zu widmen und diese damit den Lesern von CombePrunde.fr näherzubringen.
Wer ist Maarten? Maarten und seine Frau Griet aus Belgien waren ab 22. – 29. Juli 2024 mit ihrem 2-jährigen Sohn Gustje bei uns im Studio und haben uns beim Adlerfarn ausreissen in den Heideflächen geholfen.
Maarten Vangansbeke ist aber auch leidenschaftlicher Hobby-Entomologe und befasst sich vorwiegend mit Nachtfaltern, auch wenn ihn alle anderen Tiere und Pflanzen nicht minder interessieren. Er hat seine Ausrüstung für die Inventarisierung der Nachtfalter auf Combe Prunde mitgebracht und war wild entschlossen, mindestens 200 verschiedene Arten von Nachtfaltern auf Combe Prunde zu identifizieren, was ich für unmöglich hielt.
Wie die Inventarisierung der Nachtfalter auf Combe Prunde vorgenommen wurde und was das Resultat war, wird demnächst in einem separaten Blogbeitrag behandelt.
Hier nun ein paar Fakten zu Nachtfaltern.
Die Nachtfalter
Nachtfalter sind eine faszinierende Gruppe von Insekten, die zur Ordnung der Schmetterlinge (Lepidoptera) gehören. Der Hauptunterschied zwischen Nachtfaltern und den bekannteren Tagfaltern liegt in ihrer Aktivitätszeit: Nachtfalter sind meist nachtaktiv, während Tagfalter tagsüber aktiv sind.
Wie unterscheiden sich Tagfalter und Nachtfalter sonst noch?
Flügelstellung: Nachtfalter legen ihre Flügel oft dachförmig über dem Körper zusammen, während Tagfalter ihre Flügel in der Regel geschlossen nach oben stellen.
Antennen: Nachtfalter haben häufig gefiederte oder fadenförmige Antennen, während Tagfalter meist keulenförmige Antennen besitzen.
Körperbau: Nachtfalter haben oft einen dickeren und pelzigeren Körper als Tagfalter.
Artenvielfalt weltweit: Nachtfalter sind in Bezug auf die Artenvielfalt viel zahlreicher als Tagfalter. Es gibt weltweit etwa 160.000 Nachtfalterarten im Vergleich zu etwa 17.500 Tagfalterarten.
Artenvielfalt in Frankreich: In Frankreich gibt es etwa 5.200 Nachtfalterarten im Vergleich zu rund 250 Tagfalterarten.
Biomasse: Aufgrund ihrer größeren Anzahl und der Tatsache, dass viele Nachtfalterarten eine größere Körpermasse haben, machen Nachtfalter einen signifikanten Teil der Biomasse aller Schmetterlinge aus.
Welche Familien unterscheidet man?
Nachtfalter werden in zwei Hauptgruppen unterteilt: Makrofalter und Mikrofalter. Makrofalter sind die größeren Arten, während Mikrofalter die kleineren Arten umfassen.
Der größte Nachtfalter ist der Atlasspinner (Attacus atlas) mit einer Flügelspannweite von bis zu 30 cm. Einer der kleinsten bekannten Nachtfalter ist die kleine Hasel-Zwergmotte (Stigmella microtheriella), deren Flügelspannweite nur etwa 3 mm beträgt.
Diese Tabelle bietet einen Überblick über 10 wichtige Familien (von insgesamt ca. 140 Familien) der Nachtfalter mit ihrer Artenvielfalt sowohl global als auch speziell in Frankreich:
Deutscher Name | Wissenschaftlicher Name (Latein) | Anzahl Arten weltweit | Anzahl Arten in Frankreich |
Eulenfalter | Noctuidae | ca. 25.000 | ca. 900 |
Spanner | Geometridae | ca. 23.000 | ca. 800 |
Schwärmer | Sphingidae | ca. 1.200 | ca. 30 |
Bärenspinner | Erebidae: Arctiinae | ca. 11.000 | ca. 200 |
Zünsler | Pyralidae | ca. 6.000 | ca. 300 |
Zahnspinner | Notodontidae | ca. 3.800 | ca. 100 |
Sichelflügler | Drepanidae | ca. 700 | ca. 40 |
Echte Motten | Tineidae | ca. 3.000 | ca. 150 |
Glucken | Lasiocampidae | ca. 2.000 | ca. 50 |
Wickler | Tortricidae | ca. 10.000 | ca. 600 |
Der Lebenszyklus von Nachtfaltern
Der Lebenszyklus von Nachtfaltern umfasst vier Stadien:
Ei: Der Zyklus beginnt mit der Eiablage durch das Weibchen, oft auf der Unterseite von Blättern nahe Futterpflanzen.
Raupe: Die geschlüpften Raupen beginnen sofort zu fressen und wachsen schnell. Sie häuten sich mehrfach und speichern Energie für das nächste Stadium.
Puppe: Die Raupe verpuppt sich in einem Kokon, wo die Metamorphose zum Falter stattfindet. Die Dauer variiert je nach Art und Klima.
Falter: Der erwachsene Falter schlüpft, trocknet seine Flügel und beginnt zu fliegen, um Nahrung zu suchen und sich fortzupflanzen. Der Zyklus endet, wenn das Weibchen erneut Eier legt.
Eigenarten von Nachtfaltern
Lebensdauer: Die Lebensdauer von Nachtfaltern variiert stark je nach Art. Einige leben nur wenige Tage, während andere mehrere Monate überdauern.
Fressverhalten: Die meisten Nachtfalterlarven (Raupen) sind Pflanzenfresser und können eine Vielzahl von Pflanzenarten verzehren. Erwachsene Nachtfalter ernähren sich oft von Nektar, aber einige Arten nehmen auch keine Nahrung zu sich und leben von den Reserven, die sie als Raupen angelegt haben.
Farbgebung: Nachtfalter sind meist in gedämpften Farben wie Braun, Grau und Schwarz gehalten, was ihnen hilft, sich tagsüber zu tarnen. Es gibt jedoch auch Arten mit auffälligen Mustern und Farben, die zur Abschreckung von Fressfeinden dienen.
Sinne: Nachtfalter haben hochentwickelte Sinne, besonders ihre Antennen sind äußerst empfindlich und helfen ihnen, Pheromone zu erkennen und Nahrungsquellen zu finden. Ihre Augen sind an das Sehen bei schwachem Licht angepasst.
Larvenstadium: Die Raupen der Nachtfalter haben oft besondere Merkmale und Anpassungen. Viele sind sehr gefräßig und können in kurzer Zeit große Mengen an Pflanzenmaterial verzehren. Einige Raupenarten sind gut getarnt, andere besitzen Abwehrmechanismen wie giftige Haare oder auffällige Warnfärbungen.
Rolle der Nachtfalter im Ökosystem
Nachtfalter spielen eine wesentliche Rolle im Ökosystem und tragen zur Gesundheit und Stabilität vieler Lebensräume bei. Hier sind einige ihrer wichtigsten Funktionen:
Bestäubung: Viele Nachtfalterarten sind wichtige Bestäuber. Sie besuchen nachts Blüten, die auf Nachtbestäubung angewiesen sind, und tragen so zur Fortpflanzung zahlreicher Pflanzenarten bei.
Nahrungskette: Nachtfalter sind eine wichtige Nahrungsquelle für viele Tiere, einschließlich Fledermäuse, Vögel, und andere Insektenfresser. Ihre Raupen dienen ebenfalls als Nahrung für eine Vielzahl von Prädatoren.
Nährstoffrecycling: Nachtfalterlarven tragen durch ihren Verzehr von Pflanzenmaterial und die anschließende Zersetzung ihrer Exkremente zum Nährstoffkreislauf bei und fördern die Bodenfruchtbarkeit.
Gefährdung der Nachtfalter durch den Menschen
Nachtfalter sind zunehmend durch menschliche Aktivitäten bedroht. Der Verlust von Lebensräumen durch die Landwirtschaft, Urbanisierung und Abholzung verringert die Verfügbarkeit von Futterpflanzen für Raupen und Nektarquellen für erwachsene Falter. Der Einsatz von Pestiziden und chemischen Düngemitteln in der Landwirtschaft hat direkte tödliche Auswirkungen auf Nachtfalterpopulationen und beeinträchtigt ihre Fortpflanzung. Zusätzlich stört Lichtverschmutzung die natürlichen Verhaltensweisen der nachtaktiven Falter, indem sie von künstlichen Lichtquellen desorientiert werden.
In Frankreich haben Studien gezeigt, dass die Populationen von Nachtfaltern seit den 1990er Jahren um etwa 50 % zurückgegangen sind. Besonders betroffen sind landwirtschaftlich geprägte Gebiete, in denen intensive Bewirtschaftungsmethoden zum Verlust von Artenvielfalt führen. Auch die Artenvielfalt nimmt ab: Einige Regionen melden einen Rückgang der Anzahl von Nachtfalterarten um bis zu 30 %. Diese besorgniserregenden Zahlen unterstreichen die Dringlichkeit, Maßnahmen zum Schutz dieser wichtigen Insekten zu ergreifen.
Fazit
Nachtfalter sind faszinierende Geschöpfe der Nacht, die als Bestäuber und als Futtertier (Falter und Raupe) eine wichtige Rolle im Ökosystem spielen. Leider führen die Forschungsergebnisse zur Wichtigkeit der Nachtfalter (oder allgemein Insekten) im Ökosystem nicht zu Verboten von Pestiziden, von unbegrenzter Urbanisierung oder von beliebiger und häufig unnötiger Nachtbeleuchtung von Strassen und Gebäuden.
Der Mensch befriedigt weiter seine Bedürfnisse auf Kosten der Natur. Aber vergesst nicht – wir sind Teil der Natur!
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